Lyrik zu tagesaktuellen Themen
Februar 2022
Spaziergang oder Spaz-irr-gang?
Der Sprachgebrauch ist -
wie wir wissen – wichtig!
Drum stellen wir das heute richtig:
Gehst du mit Kind, Frau, Mann, Hund oder Maus
in Wald und Feld und Flur hinaus,
dann nennt man das: Spazieren.
Da kann nicht viel passieren.
Doch lass dich nicht verwirren.
Es gibt auch noch: Spaz-irren
Da läufst du Hand in Hand
Mit anderen Verworrenen,
Verstand (frag Kant) -Vernunft-Verlorenen,
und flirrend, schwirrenden Viren,
die mit euch mitspazieren,
leider an die Wand.
Ist dir das zu kompliziert,
wer spaz-irrt und wer spaziert,
dann bleib einfach zu Haus
und schau zum Fenster raus.
Oder fang an zu lesen.
Man sagt, es könne zumeist
sogar ein verwirrter,
sirrend, gurrend und murrend
kirrer Spaz-irrgänger-geist
ganz einfach durch Bildung genesen.
Der Tyrann
Er war so klein und niedlich
Als er mit Steinen warf
„Ach, sicher bleibt er friedlich,
wenn er nur werfen darf“
Er warf nicht nur die Steine
Er schwang auch schon den Stock
Hui, ganz schön frech, der Kleine
Greift Mädchen untern Rock
„Oh! Dann sollten wir wohl doch…“
„Nein, nein, so ist er eben
Das wird sich ganz bestimmt,
wird er erst größer, geben“
Er wuchs und wurde prächtig
und schlug sich um sein Recht
Das machte ihn sehr mächtig
Da staunten sie nicht schlecht
Und wieder sagte jemand:
„Vielleicht sollten wir ihn stoppen…“
Doch jemand andres fand
Er dürfe sich doch kloppen
Fordern, schreien, toben
So ist nun mal die Welt
Nur der Mann kommt nach oben,
der sich an gar nichts hält
Sich an gar nichts halten,
Das fiel ihm ziemlich leicht
Ein Land so zu verwalten,
das hatte er erreicht
Doch er wollte auch der Größte
sein – ein harter Mann
Und als die Welt noch döste,
da griff er sie schon an
Er war nicht klein, noch niedlich
als er mit Bomben warf
Er wird auch nicht mehr friedlich,
nur weil er werfen darf
„Das wird bestimmt die Letzte,
jetzt ist es gleich vorbei“
Die Letzte, sie zerfetzte
die Welt. Sie brach entzwei
Da riefen sie: Warum?
Er lachte: „Weil ich’s kann!
Ihr seid leider dumm
Ihr habt mich machen lassen
Jetzt könnt ihr es nicht fassen!“
So spricht der Tyrann
März 2022
Ausgewählt vom Theaterbüro Aachen für die Veranstaltung „Stärker denn je!“ am Internationalen Frauentag und veröffentlicht im „furious female blog“:
Frauen wollen nicht dürfen!
Frauen dürfen dürfen dürfen
Dürfen an den Rändern schürfen
An den Gender-Rändern
Nichts verändern
Dürfen von Entwürfen schlürfen
Die der Bewilligung bedürfen
Bis zu endgültigen Beschlüssen
Müssen Männer gar nichts müssen
Frauen sollen wollen dürfen
Bis sie sich die Knie aufschürfen
Und sie dürfen dürfen dürfen
An den Gender-Rändern
Schürfen, kratzen, sägen, bohren
Schon verloren
Denn es wird sich gar nichts ändern
In den Ländern
In den Dörfern und den Städten
Woll`n wir wetten
Weil wir mit dem dürfen sollen
Nie das kriegen, was wir wollen
Und was wollen wir?
Die halbe Welt
Das halbe Geld
Den vollen Lohn
Den halben Thron
Aber Frauen dürfen doch schon so viel
Frauen dürfen:
Fahrradfahren?
Fingernägel schneiden?
Hunde streicheln?
Schallplatten hören?
Ins Museum gehen?
Und zum Einkaufen!
Auf einem Stuhl sitzen?
Den Staubsauger betätigen!
Etwas aus dem Kühlschrank holen!
Sich die Beine rasieren!
Über die Straße gehen?
Sich schön machen?
Schön sein!
Nicht schön sein – Halt, das war falsch!
Kartoffeln essen?
Kartoffeln kochen!Abnehmen!
Fernsehen?
Bügeln!
Endlos lang ist diese Liste
Und doch biste
Immer nur die Angepisste
Weil das, was wir dürfen
Im Verhältnis zu dem, was wir sollen
Und vor allem, was wir wollen
Ziemlich dürftig ist.
Frauen wollen nicht mehr dürfen sollen
Frauen wollen wollen wollen
Denn das `Dürfen` und das `Sollen`
Haben nichts gemein mit `Wollen`
Und wenn Frauen können sollen,
Dürfen sie auch wollen wollen
Und was wollen wir?
Keine Gewalt!
Das volle Gehalt!
Autonomie!
Das Ende der Misogynie!
Hörprobe: „Frauen wollen nicht dürfen!“
https://soundcloud.com/monica-calla/frauen-wollen-nicht-durfen?utm_source=clipboard&utm_medium=text&utm_campaign=social_sharing
Was kostet der Krieg?
Panzer tanzen in den Straßen
Der Karneval fällt aus
Minen grasen auf dem Rasen
hinter meinem Haus
Raketen fliegen statt zum Mond
ins Sonnenblumenfeld
Die Erde ist bald unbewohnt
Der Krieg kostet die Welt
„Der Krieg, der Krieg, er kostet eben!“
Was kann ihn noch verhindern?
Nichts?
Müssen wir die Erde geben,
um das Leid zu lindern?
Die Knöpfe werden blank poliert
Schau, so strahlt der Rote:
„Damit das Leben funktioniert,
braucht es genügend Tote.
“
Wir schmücken uns schon wieder
mit schönen Generälen
Und singen Friedenslieder,
wenn wir die Toten zählen
„Der Krieg, der Krieg, er kostet eben!“
Was kann ihn noch verhindern?
Nichts?
Müssen wir das Leben geben,
um das Leid zu lindern?
Der Frühling kommt mit Hyperschall
Die Nacht droht mit Atomen
So rüsten wir uns für den Fall
mit unhaltbaren Nomen
Gewöhnen wir uns schnell daran
Das ist die neue Sprache:
Man denkt wieder in Held und Mann,
Vergeltung, Feind und Rache
„Der Krieg, der Krieg, er kostet eben!“
Was kann ihn noch verhindern?
Nichts?
Müssen wir die Worte geben,
um das Leid zu lindern?
Sie kämpfen mit den alten Waffen
Mit Tränen kämpfen wir
Längst vernarbte Wunden klaffen
auf bei dir und mir
Schon flieht der Frieden aus dem Land
Er fürchtet sich vorm Krieg
Und dort wo man ihn früher fand
nennt man den Frieden Sieg
„Der Krieg, der Krieg, er kostet eben!“
Was kann ihn noch verhindern?
Nichts?
Müssen wir die Waffen geben,
um das Leid zu lindern?
Wir ziehen unsre Hand zurück
Kein Kuss mehr dem Despoten
Wie nehmen wir ihm nur sein Glück?
Mit unzähligen Toten?
Sag mir, wer die Kriege will
Und wer muss dafür sterben?
Und liegt der Frieden tot und still,
wer soll ihn dann noch erben?
„Der Krieg, der Krieg, er kostet eben!“
Was kann ihn noch verhindern?
Nichts?
Müssen wir die Zukunft geben,
um das Leid zu lindern..?